Zu ihrem 225. Stiftungsfest hat die Freimaurer-Loge „Georg zu den drei Säulen“ vor geladenen Gästen in der Stadthalle Northeim einen Festakt zelebriert, der Einsichten gewährte, wie die sonst im Verborgenen wirkenden Freimaurer ihre Arbeit im von ihnen so genannten „Tempel der Humanität“ gestalten. Ein ähnlicher Einblick wird voraussichtlich erst wieder in 25 Jahren, beim 250. Stiftungsfest, möglich sein, sagte der seit Juni amtierende „Meister vom Stuhl“ Jörg Dodenhöft. Die 1797 gegründete Loge „Georg zu den drei Säulen“ in Einbeck, die seit 1999 mit der Northeimer Loge „Otto zu den drei Türmen“ eine Einheit bildet und aktuell rund 40 Mitglieder umfasst, zählt zu den traditionsreichsten Logen in Deutschland. Sie ist der älteste Verein in Einbeck.
Die Teilnehmer des Festaktes wurden vom Zeremonienmeister, der vor jeder Ankündigung mit seinem Stab drei Mal auf den Boden stößt, paarweise schweigend in die abgedunkelte Stadthalle eingelassen, in der eine meditative Atmosphäre herrschte. Die Gäste konnten einigen wenigen Ritualen der Freimaurer aus deren „Tempelarbeit“ beiwohnen, Fotos davon waren nicht gewünscht. Beispielsweise ließ der „Meister vom Stuhl“ zu Beginn zwei „Aufseher“ prüfen, ob die Türen verschlossen waren, um nicht gestört zu werden, und ob alle Gäste geladen oder Brüder waren, letztere erkannten sich am um den Hals gelegten hellblauen Band und an den weißen Handschuhen. Dann wurden drei auf Säulen stehende Kerzen entzündet: vom „Meister vom Stuhl“ und den „Aufsehern“ die Kerzen der Schönheit, der Stärke und der Weisheit, der Kombination von Liebe und Kraft. In Wechselrede werden in der Freimaurerei Weisheiten mit Anleitung zur Erkenntnis sozusagen nicht frei Haus serviert, sondern jeder muss die verwendeten Symbole und sprachlichen Sinnbilder für sich entschlüsseln, heißt es.
Eingebunden in den Festakt sprach Logenbruder Marc Hainski über den Begriff der „Gemeinschaft“. In der Freimaurerei gehe es um den Einzelnen und wie dieser sich verbessern könne, um Teil der Gemeinschaft zu sein. “Wenn Freimaurer diskutieren oder Meinungen austauschen, geht es nicht darum, den Gesprächspartner von der eigenen Position zu überzeugen, sondern selbst Anregungen zum Überdenken von Positionen zu geben”, sagte Hainski. “Oder, was noch wichtiger ist, Argumenten zuzuhören, um sich selbst weiterzuentwickeln.” Freimaurer hätten in ihrer Gemeinschaft ein Privileg: “Wir können im geschützten Bereich unserer Logenräume frei sprechen, wir tauschen Argumente aus, ohne zu streiten”. Da könne man dann auch mal Meinungen ändern, nachdem man Positionen hinterfragt habe. “Früher nannte man das lernen”, sagte Hainski. Im öffentlichen Raum erscheine das heute immer schwieriger. Das sei übrigens der Grund, warum Freimaurer im vermeintlich Geheimen arbeiteten.
Die stärker werdende Ich-Bezogenheit der Menschen heutzutage bereite ihm Sorgen, sagte Hainski. In der Gesellschaft sei es Normalität geworden, dass es in Diskussionen nicht darum gehe, dem anderen zuzuhören. “Es geht scheinbar darum, den eigenen Standpunkt der Welt klar zu machen und nicht darum, sich mit den Argumenten des Gegenübers zu beschäftigen”, sagte Hainski. “Diese Intention haben alle Beteiligten: Es geht um das Gewinnen, um die Zurschaustellung der eigenen Brillianz.” Eine solche Gesprächskultur werde verstärkt durch die Anonymität im Internet. “Schwache Geister bekommen Macht, wenn sie anonym aus der Tiefe des Netzes heraus scharf auf andere schießen können.” Argumente würden sozusagen erschlagen, wenn man dessen Sender persönlich diffamiere. “Das Ich steht über der Sache, steht über dem Wort, steht über dem Argument”. Die dieser Diskussionform zugrunde liegende Einstellung der Protagonisten sei von Egozentrismus geleitet.
Gäste des Festaktes waren Menschen aus Einbeck und Northeim, die sich durch ihr ehrenamtliches Engagement hervorgetan haben: „Sie wollen wir durch unsere Einladung ehren und ihr Vorbild achten“, sagte Jörg Dodenhöft. Grußworte überbrachten die Bürgermeister von Einbeck und Northeim, Dr. Sabine Michalek und Simon Hartmann. „Die Logen werden für die Allgemeinheit sichtbarer und erklären ihre Ziele und Vorstellungen“, freute sich Hartmann. Michalek erinnerte an die Anfänge mit sieben Brüdern, den Bau eines bis heute existierenden Altenheim-Gebäudes 1897 und an das wohl berühmteste Mitglied der Einbecker Freimaurer-Loge, Friedrich Wilhelm Sertürner, den Entdecker des Morphiums. „Die Logen öffnen sich und stehen zum Dialog bereit“, sagte die Einbecker Bürgermeisterin, die an die dem Geiste der Aufklärung verbundenen Logenbrüder appellierte, gemeinsam als aufrechte Demokraten Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit, Toleranz und Menschlichkeit gegenüber den oftmals zu lauten Gegnern der Demokratie deutlich zu machen.
Im Namen des Distrikt Niedersachsen überbrachte Lutz Dietrich die Grüße des Großmeisters der Logen. Eine stabile Vereinigung wie die 225 Jahre bestehende Einbecker Loge könne man als eine Institution bezeichnen, die durch die Mitglieder in die Gesellschaft wirke. „Nicht der Ort macht die Loge aus, sondern die Brüder, die sie bilden“, sagte Dietrich.
