Eine PS-Halle voller Fans von Roland Kaiser

(c) Foto: Frank Bertram

Er hat nicht gesungen. Er hat nicht gelesen. Aber er hat erzählt und viele, viele Autogramme geschrieben. Als Schlager-Legende Roland Kaiser (71) am Sonnabend Abend beim Göttinger Literaturherbst in Einbeck Station machte, war die PS-Halle so voll wie ganz lange nicht. Voller Fans, die bereits stehend applaudierten, als der Kaiser mit Moderator Sven Lorig (ARD-Morgenmagazin “Moma”) nur die Bühne betrat. Nach gut einer Stunde amüsanter Talkshow über 50 Jahre Karriere im Musikbusiness und manchen Einblicken hinter die Kulissen gab’s die nächsten Standing Ovations der rund 750 Fans. Viele stellten sich dann noch geduldig zur Autogrammstunde an.

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Viele Besucherinnen und Besucher ließen sich Bücher von Roland Kaiser signieren. Foto: Frank Bertram

Schon früh war die PS-Halle ausverkauft. Und das, obwohl von Anfang an klar war, dass Roland Kaiser gar nicht singen wird. Beim Göttinger Literaturherbst hatte er in Einbeck ein Livekonzert in Buchform im Gepäck. Das Werk “Live – Das Roadbook” war eher Kulisse, stand auf einem Tisch zwischen Roland Kaiser und Moderator Sven Lorig auf der Bühne, aber gelesen hat an dem Abend niemand aus diesem Buch. Stattdessen plauderten die beiden über Tourerlebnisse, Routinen vor den Auftritten und seine Beziehung zu seinen Fans. “Wir machen den Beruf, weil wir erkannt werden wollen”, machte Kaiser deutlich. “Dann dürfen wir uns nicht aufregen, wenn wir erkannt werden.” Er freue sich immer, wenn die Menschen ein Autogramm von ihm bekommen oder ein Foto mit ihm machen wollten. Bei der “Kaisermania”, den Open-Air-Konzerten mit Tausenden Besuchern am Elbufer in Dresden, für die es schon nach Minuten keine Tickets mehr gibt, könne er zwar nicht mehr einfach so durch die Stadt flanieren und abends unerkannt essen gehen. Aber für den Reibekuchen auf dem Wochenmarkt in seiner Heimatstadt Münster, da verkleide er sich nicht oder ziehe den Kragen höher. Den könne er dort ungestört genießen.

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Roland Kaiser und Sven Lorig beim Göttinger Literaturherbst in der PS-Halle Einbeck. Foto: Frank Bertram

Ob er denn kein Lampenfieber mehr habe vor seinen Auftritten, will TV-Moderator Sven Lorig vom Schlagerstar wissen. “Nein, nur Vorfreude.” Es sind Sätze wie diese, die seine Fans in der PS-Halle jubeln lassen. Der glückseligste Moment auf der Bühne sei, wenn er die Gesichter im Publikum sehe, sagt er. Natürlich habe er eine “Grundanspannung” vor dem Gang auf die Bühne, räumt Roland Kaiser ein, nachdem der Beifall über seine Liebeserklärung an seine Fans verklungen ist. Nach Konzerten brauche er rund eine Stunde, um runterzukommen. Während seine Band direkt vor den Auftritten noch essen könne, nehme er nur noch zwei Bananen, erzählt Kaiser. Bringt Energie. Und lässt ihn nicht aufstoßen beim Singen.

Roland Kaiser, ein Oldtimer im besten Sinne im Musikgeschäft und ausgebildeter Automobilkaufmann, besitzt selbst keinen Oldtimer, erfuhren die Besucher in der Veranstaltungshalle des PS-Speichers in Einbeck. “Aber ich liebe sehr, was hier so herumsteht.” Als ein Handy im Publikum klingelt, warnt der glänzend aufgelegte Moderator scherzhaft, das nächste Mal koste das einen Kasten Bier. “Den trinken wir aus, während wir die Oldtimer hier zählen”, sagt Sven Lorig. Da dürfte freilich ein Kasten nicht ausreichen, immerhin stehen im PS-Speicher rund 2500 Exponate. Ein Bierfreund ist Roland Kaiser nicht gerade, auch diese Einbeck-Frage stellt Lorig natürlich. Bier nur in Maßen, “sonst nimmt man zu sehr zu”, sagt der Schlager-Kaiser, der sich am Liebsten auf dem Rudergerät fit hält, wie er seinen Fans in Einbeck berichtete. Nach langer musikalischer Abstinenz wird es bei der Tour 2024 übrigens auch wieder Kaisers Hit “Sieben Fässer Wein” zu hören geben – in einer ganz neuen Form, verriet er.

Und auch politisch wurde es bei der Plauderstunde. Die jüngste Antisemitismus-Rede von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe ihn beeindruckt, räumt Roland Kaiser ein. „Das hätte ich von meinem Kanzler erwartet“, bekannte der Sozialdemokrat, der schon zwei Bundespräsidenten mitgewählt hat.

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Nachtrag 06.11.2023: Der 32. Göttinger Literaturherbst erzielte mit insgesamt 24.600 Zuschauern (4800 mehr als im Vorjahr) das stärkste Ergebnis seiner Geschichte. Besonders die Lesungen im Umland konnten mit insgesamt 3500 Besuchern ein Plus von 60 Prozent gegenüber 2022 erreichen. Die Auslastung lag insgesamt bei 91 Prozent. „Das ist ein überwältigender Zuspruch“, erklärte heute Johannes-Peter Herberhold, Geschäftsführer des Göttinger Literaturherbstes. Das digitale Zusatzangebot (auch die Roland-Kaiser-Veranstaltung) steht noch bis Ende November in der Mediathek des Festivals zur Verfügung: www.literaturherbst-on-air.com. Im kommenden Jahr findet der Göttinger Literaturherbst vom 18. bis 27. Oktober 2024 statt.

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Von Fans umringt: Nach der Veranstaltung schrieb Roland Kaiser noch geduldig Autogramme. Foto: Frank Bertram