Das Nadelöhr ist die Zufahrt: Als der Tieflader mit dem gut 16 Meter langen Flugzeug auf der Ladefläche unter den neugierigen Augen von gut zwei Dutzend Beobachtern in die Einfahrt zum PS-Speicher zurücksetzt, wird es eng. Zu eng – eine Scheibe Sicherheitsglas am Zugang zum Einbecker Oldtimermuseum berstet. Das eigentliche Abladen des legendären Starfighters dagegen läuft problemlos und eher unspektakulär – und ist mit dem Schwerlast-Kran nach guter Vorbereitung innerhalb weniger Minuten erledigt. Das vor dem PS-Speicher postierte original Kampfflugzeug wird das herausragende Exponat der neuen Sonderausstellung „Tempo. Tempo! Tempo?“ sein.

„Optimal gelaufen“, blickt Josef Voggenreiter zufrieden, als er mit seinen Mitarbeitern nur noch die für den Transport abgeschraubten Starfighter-Tragflächen mit einer Spannweite von 6,68 Metern an den Rumpf montiert. Das von ihm vor gut 20 Jahren gegründete „Gerhard Neumann Museum“ im niederbayerischen Niederaltaich bei Deggendorf hat den Starfighter für die nächsten Monate an den Einbecker PS-Speicher ausgeliehen. Josef Voggenreiter ist seit seiner Kindheit von Flugzeugen fasziniert. Als Flugzeugmechaniker verbrachte er den größten Teil seiner Dienstzeit mit der F-104, dem legendären „Starfighter“.
Traurige Berühmtheit erhielt das Flugzeug durch eine Absturzserie in den 1960er-Jahren, bei der innerhalb von 18 Monaten 44 Maschinen abstürzten. Von den 916 von der Bundeswehr beschafften F-104 stürzten insgesamt ein Drittel ab, wobei 116 Piloten ums Leben kamen. Auch diese negative Seite der Jagd nach immer höheren Geschwindigkeiten in der Luft wird die Sonderausstellung thematisieren. Vom „Starfighter“ wurden zwischen 1956 und 1975 vom US-amerikanischen Hersteller Lockhead mehr als 2500 Exemplare produziert. Die F-104 ist als reiner Tag- und Abfangjäger konzipiert, optimiert für hohe Geschwindigkeiten und Steigleistung. Der Starfighter hielt als erstes Flugzeug überhaupt gleichzeitig die Rekorde für Höchstgeschwindigkeit (Mach 2,2), maximale Flughöhe (31.513 m) und maximale Steigrate (244 m/s).
Sechs oder sieben Mal hat Josef Voggenreiter schon eines seiner Kampfflugzeuge verliehen, transportiert und andernorts aufgebaut. Sieben Starfighter besitzt das Museum, vier sind dort ausgestellt, die anderen sind unterwegs – allerdings nicht mehr in der Luft, sondern auf sicherem Tieflader. „Man weiß jetzt, was zu beachten ist“, lächelt Voggenreiter. Ohne Schwierigkeiten verlief der Transport des mehr als sechs Tonnen schweren silbernen Starfighters, freut sich PS-Speicher-Sprecher Stephan Richter. Innerhalb eines Tages waren die gut 600 Kilometer nach Einbeck absolviert. Auf das Starfighter-Museum sei man bei der Vorbereitung der Ausstellung eher durch eine zufällige Internetrecherche gestoßen.
Die Schau im PS-Speicher wird sogar noch einen zweiten Starfighter zeigen. Jedoch nicht komplett, sondern lediglich die Cockpit-Sektion. Dafür aber mit Piloten-Puppe. So kann jeder Besucher hautnah sehen, wie eng die Starfighter-Flieger in dem Einsitzer-Kampfflugzeug unterwegs waren.

Die neue Sonderausstellung „Tempo. Tempo! Tempo? Eine Geschichte der Geschwindigkeit“ ab 9. Juni ist eine Kooperation zwischen dem Kunstmuseum Schloss Derneburg, dem Landesmuseum Hannover und dem PS-Speicher. Jedes Museum deutet das Thema aus seiner jeweiligen Perspektive: Das Landesmuseum Hannover aus kultur- und naturhistorischer Sicht, Schloss Derneburg mit dem Blick zeitgenössischer Künstler und der PS-Speicher beleuchtet die technische Seite der Jagd nach immer höheren Geschwindigkeiten zu Lande und in der Luft.
Zum Start am Freitag, 9. Juni, um 19 Uhr im PS-Speicher gibt es eine Gesprächsrunde mit Gästen, die sich über das Thema Geschwindigkeit austauschen. Mit dabei sind Starfighter-Pilot Bodo von Garmissen aus Einbeck, der ehemalige Entwicklungschef der Bugatti Engineering, Gregor Gries, Dragster-Pilot und Teamchef von Wild Weasel Dragracing, Lars Kofer, sowie Sascha Fillies, Ausstellungsleiter des PS-Speicher. Jan Kalbfleisch, Vorstand der Stiftung PS-Speicher, führt durch die rasant-lustige Runde.




