Die Satzzeichen im Ausstellungstitel sind bewusst gewählt. Denn längst geht es nicht allein um höher, schneller, weiter. „Tempo. Tempo! Tempo?“ heißt die neue Sonderausstellung, die bis 4. Februar im Einbecker Oldtimermuseum PS-Speicher zu sehen ist. “Wir hinterfragen auch das Tempo, das Jagen nach Geschwindigkeit”, sagt Geschäftsführer Lothar Meyer-Mertel zum Ausstellungsstart. 20 Exponate sind im PS-Forum des Oldtimer-Ausstellungshauses zu sehen – nicht viele, aber alle spektakulär, sagt Meyer-Mertel. Die Bandbreite reicht von langsam bis ganz schnell und zeigt die Entwicklung, die Geschichte der Geschwindigkeit.

Der PS-Speicher zeigt die technischen und physiologischen Aspekte von Geschwindigkeit und veranschaulicht, wie der Mensch die vermeintlichen Grenzen der Geschwindigkeit in einem Jahrhundert währenden Prozess Stück für Stück ausgelotet hat: von der Reise mit der mehrspännigen Kutsche, über die ersten Fahrten mit schienengebundenen Fahrzeugen (Eisenbahn) bis hin zum schnellsten Menschen der Welt, der als Astronaut im Spaceshuttle die Welt umrundet. Zu den Höhepunkten der Präsentation zählen unter anderem ein Bugatti Veyron Super Sport, der 2010 bei erreichten 431,072 Stundenkilomeern ein Geschwindigkeitsrekord straßenzugelassener Fahrzeuge aufgestellt hat, und eine Lockheed F-104 Starfighter. Erstmals zu sehen ist die älteste erhaltene Verwarnung der Welt für zu schnelles Fahren aus dem Jahr 1894.
Die Ausstellung ist eine Kooperation des PS-Speicher mit dem Kunstmuseum Schloss Derneburg und dem Landesmuseum Hannover. Ein Museum für zeitgenössische Kunst, ein historisches Museum und ein technisches Museum nähern sich jeweils mit Einzelausstellungen dem Thema „Geschwindigkeit“. In Einbeck dreht sich alles um schnelle Fahrzeuge und schnelle Menschen. Geschwindigkeit ist Fluch und Segen zugleich, sagen die Ausstellungsmacher. In der Natur ist das schnellere Lebewesen dem langsamen überlegen. Dem Menschen ist es gelungen, seinen Mangel an Geschwindigkeit durch technische Entwicklungen auszugleichen.
Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen dem Kunstmuseum Schloss Derneburg, dem Landesmuseum Hannover und dem PS-Speicher. Dabei deutet jedes Museum das Thema aus seiner jeweiligen Perspektive: Das Landesmuseum Hannover aus kultur- und naturhistorischer Sicht, Schloss Derneburg mit dem Blick zeitgenössischer Künstler und der PS-Speicher beleuchtet die technische Seite der Jagd nach immer höheren Geschwindigkeiten zu Lande und in der Luft. Vor zwei Jahren habe er mit der Direktorin des Landesmuseums Hannover, Dr. Katja Lembke, die Idee zu der Schau entwickelt, erzählte Lothar Meyer-Mertel zur Eröffnung. „Bei aller Gemeinsamkeit der Anliegen unserer Häuser war es sehr interessant, die Unterschiede in der Herangehensweise und in den Interpretationen der Thematik zu erleben”, sagt der Geschäftsführer des PS-Speichers. “Während sich das Landesmuseum wissenschaftlich und kulturell der Thematik nähert, überwiegt beim Kunstmuseum der ästhetisch-intellektuelle Blick. Wir im PS-Speicher legen den Fokus eher auf technische Aspekte der Geschwindigkeit und die mitunter fragwürdige Leidenschaft nach Rekorden. Daraus ist eine Deutungsvielfalt entstanden, wie sie ein einzelnes Museum nicht leisten könnte, und die sicher auch für die Gäste sehr spannend zu verfolgen ist.”

Zur Eröffnung hatten PS-Speicher und Förderfreunde eine rasante Talkrunde zusammengestellt. Mit dabei waren der frühere Starfighter-Pilot Bodo von Garmissen aus Einbeck, der ehemalige Bugatti-Entwicklungschef Gregor Gries, Dragster-Pilot und Teamchef von Wild Weasel Dragracing, Lars Kofer, sowie Ausstellungsleiter Sascha Fillies. Jan Kalbfleisch, Vorstand der Stiftung PS-Speicher, entlockte der Runde viele Geschichten und Erinnerungen zum Thema Geschwindigkeit. Angst habe er nicht gehabt, erzählte etwa Bodo von Garmissen über seine zehn Bundeswehr-Jahre mit dem Starfighter, aber Respekt. Innerhalb von 15 Sekunden nach dem Start habe beispielsweise das Fahrwerk eingezogen werden müssen, später wäre der Widerstand zu groß geworden. Gut 2000 Stundenkilometer ist der Einbecker mit dem Starfighter geflogen, dieses hohe Tempo sei aber gar nicht so sichtbar, es fehle ja der Vergleich wie beim Blick aus dem Auto die vorbei sausenden Bäume. Natürlich habe es viele tragische Unfälle mit dem Flugzeug gegeben, allein in seinem Geschwader habe er acht Kameraden verloren, erzählte der einstige Luftwaffen-Oberst. Aber: Mit dem Starfighter habe die Bundeswehr damals einen großen Entwicklungssprung gemacht, vergleichbar dem vom Käfer zum Bugatti. Über den Bugatti Veyron Super Sport berichtete Gregor Gries, der damalige VW-Chef Ferdinand Piech habe die Vorgabe für die Entwicklung gegeben, das straßentaugliche Fahrzeug müsse Temporekorde erreichen können, mit ihm müsse man abends auch in die Oper fahren können. Deshalb gebe es auch zwei Modi bei dem Bugatti, um neben PS und Traktion die Aerodynamik optimieren zu können, wenn das Auto besonders schnell fahren soll. Lars Kofer verglich die Fahrt mit dem 2500 PS-starken Dragster, der nur auf Rennstrecken geradeaus fahren kann, mit dem Adrenalinkick bei einem Fallschirmsprung.
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